Deutsche Schulschach-Meisterschaft WK M (2024) in Kiel

15. April, Anreise:

Mit der Deutschen Bahn ging es direkt nach dem 3. Block über Hamburg nach Kiel. Schon im Berliner Hauptbahnhof gab es die ersten Probleme beim Lokführer und wir lernten: AEG („ausschalten, einschalten, geht wieder“) hilft auch bei der Deutschen Bahn, wenn sich der Rechner aufgehangen hat. Der Rechner wurde einmal runter und wieder hochgefahren. Leider war das Problem damit nicht gelöst. Kurz hinter Berlin gab es eine längere Rast, in der weiter fleißig in der Lok geschraubt wurde. Mit einer Verspätung von 45 min kamen wir in der Hansestadt mit Fußballvereinen maximal in der 2. Liga an und mussten einen späteren Zug nach Kiel als geplant nehmen (Holstein Kiel steigt übrigens diese Saison fast sicher in die 1. Liga auf). Auf der Strecke gab es diverse Baustellen, sodass zu der bereits eingefahrenen Stunde nochmal 20 min Verspätung dazu kamen. Eine ganz normale Anreise mit der Deutschen Bahn also. Angekommen in Kiel brauchte es dann nur noch 10 min zu Fuß zur Jugendherberge. Es folgten Abendbrot und noch eine Wizzard-Partie zum Abschluss (Siedler gab es leider nicht).

16. April, Tag 1:

Die erste Runde brachte die Otto-Hahn-Realschule Bitburg (Rheinland-Pfalz). Tjorven spielte im Ersatzspielerturnier ihre erste Partie mit Notation und überzeugte. Natürlich waren Fehler vorhanden, die aber konstruktiv besprochen wurden und da sie sich mit dem Sieg selbst belohnt hat, war alles in Butter.

Im Turniersaal ging es währenddessen auch heiß her. Zoé (Brett 4) war als erstes fertig. Sie hatte verloren, in der Analyse überzeugte sie aber mit vielen guten Ideen. Sie war in dieser Partie nicht schlechter als ihre Gegnerin, selbige hatte nur mehr Erfahrung (9 DWZ-gewertete Turniere, DWZ 1151). Da ist mit mehr Turniererfahrung auch mehr drin. Als nächstes kam Elina (Brett 2), deren Gegnerin gleich in der Eröffnung Elinas Rochade zerstörte, aber dafür einen Bauer einbüßte. Das konnte Elina leider nicht nutzen und verlor gegen die ca. 400-DWZ-stärkere Gegnerin (1225). Annika kam mit erfreulichen Nachrichten. Sie zeigte die gute Leistung der letzten Wochen und ließ ihrer Gegnerin (1178) keine Chance. Als letzte – im gesamten Turnier – spielte Marlene (Brett 3), die eine überzeugende Partie aufs Brett brachte, aber sich am Ende einer stärkeren Gegnerin geschlagen geben musste (1211). Viele weitere „letzte Partien im Saal“ sollten die nächsten Runden noch folgen. Am Ende verloren wir nur 1:3 gegen eine Mannschaft mit vier erfahrenen Vereinsspielerinnen und können frohen Mutes auf die weiteren Runden schauen.

Die zweite Runde des Tages brachte die Gesamtschule Obersberg aus Bad Hersfeld (Hessen). Tjorven spielte wieder im Ersatzspielerturnier, verlor diesmal aber gegen die Mannschaftskameradin ihrer Gegnerin aus der Vorrunde.

Im Hauptturnier war Marlene ausnahmsweise als erstes fertig. Ihre Gegnerin (DWZ 1011) wich in der Eröffnung ins Unbekannte ab, doch Marlene konnte alles einigermaßen lösen, wenn auch mit Nervosität. Danach stand Marlene mit einem Bauern besser, doch die Gegnerin beschleunigte das Ende, lief in eine Springergabel und gab mit einer Dame weniger auf. Fast gleichzeitig war Annika fertig, hatte aber verloren. In der Eröffnung kamen ähnliche unbekannte Dinge wie bei Marlene. Die Gegnerin (DWZ 1145) bot einen Bauern an gegen etwas Angriff. Der war zwar abwehrbar, doch dümpelte Annikas Dame zu lange in der gegnerischen Stellung rum – und war dann irgendwann weg, upsi und autschi. Zoé hatte am vierten Brett eine dankbare Aufgabe. Nach guter Eröffnung tobte der Kampf im Zentrum, aus dem sie taktisch mit Material hervorging. Den Vorteil konnte sie im Weiteren ausbauen, um am Ende „nur“ noch mit Dame und Turm mattsetzen zu müssen. Doch ein Spiel ist erst gewonnen, wenn der gegnerische König matt ist. Erst dann darf man auch das Aufpassen einstellen. Und so kam es dann doch zum Patt… Elina stand lange sicher Remis gegen eine DWZ 1022, lehnte ein entsprechendes Angebot auch motiviert ab. Doch im remislichen Endspiel lief sie in eine Gabel und verlor noch. So verloren wir auch die zweite Runde knapp mit 1,5, merkten aber, dass wir gegen Mannschaften mit vierstelligen DWZ durchaus Chancen haben.

In Runde 3 kam die Fred-Vogel-Grundschule aus Brandenburg. Diesmal wurde Tjorven eingesetzt und Elina spielte das Ersatzspielerinnenturnier mit.

Am Ende konnten alle fünf gewinnen. Dabei merkte man aber v.a. an der Qualität der Partien bei Marlene und Zoé, dass drei Partien am Tag mit je 1 bis 2 Stunden doch sehr anstrengend sein können. Dennoch konnte Zoé ein sehr lehrreiches Endspiel tapfer und erfolgreich zu Ende spielen. Auch Tjorvi konnte ihren ersten offiziellen Sieg bei einer Deutschen Meisterschaft einfahren.

Zum Abschluss gab es noch einen kleinen Spaziergang zum Kieler Hauptbahnhof samt Besuch bei „Mäckes“. Während des „echten“ Abendessens wurde Zoés letzte Partie detailliert auseinandergenommen und der Tag mit einer Runde Wizzard beendet.

17. April, Tag 2:

Da verliert man zweimal – erst verdient, dann knapp – gewinnt einmal und spielt in Runde 4 gegen die an zwei gesetzte Mannschaft. Das Martin-Andersen-Nexö-Gymnasium hat zwei Spiele lediglich unentschieden gespielt und das dritte gar verloren. Sie waren uns an allen Brettern nach DWZ überlegen, schienen aber an den letzten beiden Brettern kein gutes Turnier zu erwischen.

Zoé war als erstes fertig: Sie entwickelte sich gut, trotz Abweichung von der Eröffnung durch die Gegnerin. Im Mittelspiel erarbeitete sie sich einen erfolgversprechenden Angriff auf die Rochadestellung und hatte gut Druck auf den König. Doch dann verrechnete sie sich und statt ihre Stellung weiter zu verbessern, fiel selbige in sich zusammen. Die Gabel war dann das Ende. Annika machte gleich in der Eröffnung einen Fehler und versaute sich die Rochade. Alles weitere löste die Spielstärke der Gegnerin (DWZ 1559). Tjorven kam direkt danach. Sie hatte im Ersatzspielerturnier gewonnen. Die Partie hatte ihre Höhen und Tiefen, am Ende war das Ergebnis aber in Ordnung. Tjorvens Stärke: man erklärt ihr Dinge einmal und sie kann sie ziemlich sicher anwenden. Tjorvens Schwäche: für unbekannte Probleme am Brett gute Lösungen finden. Heißt: Erfahrung fehlt. Wir werden dran arbeiten. Die nächste war Elina. Nach hervorragender Eröffnungsbehandlung fand sie im besseren Mittelspiel nicht die richtigen Pläne, stellte erst die Stellung, dann Figuren weg. Schade, ein guter Anfang gegen die 1341. Marlene kam als letzte (Überraschung). Sie hatte gegen eine 1226 gewonnen. In der Eröffnung fand sie nicht die richtigen Züge und stand danach gedrückt (rückständiger Bauer auf der halboffenen Linie). Die Gegnerin fand aber nicht die perfekten Züge, um den Sack zuzumachen. Dann flog bei Marlene noch eine Qualität weg und es sah ganz düster aus. Doch die Gegnerin stellte ihre Dame ein, Marlene kam zurück ins Spiel und konnte noch gewinnen.

Runde 5 brachte uns spielfrei. Hier war die Auslosung erneut gemein zu uns, bedingt aber durch die schwache Leistung der Dresdenerinnen gestern, die heute mit uns als Gegner in der falschen Region gespielt haben. Zoé spielt das Ersatzspielerinnenturnier, alle anderen erholten sich mit Handy und Nickerchen. An 1 spielte Zoé gegen die Ersatzspielerin der führenden und stärksten Mannschaft (Chemnitz). Nachdem sie einigermaßen gut aus der Eröffnung kam, ging es ziemlich zügig durchs Mittelspiel. Im Endspiel sollte die Partie entschieden werden und da lag der Trainingsfokus bisher eher weniger. Mit je einer Handvoll Bauern und einem Turm fehlte Zoé die Erfahrung und sie verlor.

In Runde 6 kam dann wieder ein Gegner auf Augenhöhe, das Bismarck-Gymnasium aus Karlsruhe. Tjorven war zuerst im Ersatzspielerinnenturnier fertig. Sie hatte sich in einer „wechselseitigen“ Partie mit Fehlern auf beiden Seiten ein gewonnenes Endspiel erarbeitet. Im letzten Zug hatte sie dann die Wahl zwischen Matt und Patt und entschied sich leider für letzteres.

Als nächstes kam Elina. Sie spielte mit Schwarz gegen eine 1007. Es kam ein merkwürdiges Londoner System aufs Brett, bei dem Elina in eine lange Rochade abwickelte. Sehr ungewöhnlich, aber spielbar. Sie fand dann nicht die perfekten Züge, aber irgendwie ging es doch voran. Dann stellte sie einen Läufer glatt weg und die Partie war quasi gelaufen. Es folgte Zoé mit guten Nachrichten: Kurz nach der Eröffnung konnte sie einen glatten Turm gewinnen Es folgten noch knapp 40 Züge, die aber am Ergebnis nichts mehr änderten, da sie den Vorteil vielleicht nicht immer optimal nutzen, aber schlußendlich dennoch verwerten konnte. Annika hatte es mit ihrer 1809 am schwersten, wobei man es eigentlich andersrum formulieren müsste: die 1809 hatte ganz schön zu tun. Mit Weiß lief die Eröffnung unspektakulär und überraschend positiv für Annika (da hat der Trainer wohl die passende Eröffnung rausgesucht). Im Mittelspiel tauschte die Gegnerin viel ab, was Annika ebenfalls entgegenkam. So war frühzeitig ein reines, ausgeglichenes Bauernendspiel auf dem Brett – mit leichtem Vorteil für Weiß. Doch es zeigte sich erneut das Endspieltrainingsdefizit (wer ahnt denn sowas) und so sah Annika nicht, wie man das Ding hätte gewinnen können. Am Ende verlor sie sogar. Als letztes war Marlene – mal wieder – im Spielsaal. Sie konnte sich dank fehlerhafter Eröffnungsbehandlung der Gegnerin eine aktive Angriffsstellung bauen, die sie aber nicht verwerten konnte. Im Gegenteil, auf einmal griff die Gegnerin an und Marlene fand nicht immer die optimalste Verteidigung bzw. Gegenschläge. Schließlich konnte die Gegnerin matt in 2 setzen, übersah aber auch das. Doch statt nun den Gegenangriff zu starten, wurde Remis vereinbart. Angesichts des Rückstandes von 1:2 und mit einem Mehrbauern aus strategischer Sicht keine gute Idee, doch das muss die Erfahrung ausbügeln.

18. April, Tag 3:

Die letzte Runde brachte uns das Gymnasium Ottweiler aus dem Saarland. Eingeplant war eigentlich ein Sieg, aber es kam dann doch anders.

Tjorven spielte im Ersatzspielerinnenturnier leider viel zu schnell gegen das Kollwitz-Gymnasium und ließ sich nach 6 Zügen mattsetzen.

Im Hauptturnier war Annika als erstes fertig. Sie hatte sich was eingefangen und spielte die schlechteste Partie ihres Turniers gegen eine DWZ-lose. Da wär in den Runden 1 bis 6 ein Sieg drin gewesen, heute durch Krankheit leider eine Niederlage. Als nächstes kam Marlene, die mit ihrer ebenfalls DWZ-losen Gegnerin keine Probleme hatte. Spätestens nach dem Damengewinn war der Drops gelutscht. Es folgte Zoé, die sich erneut im Endspiel wiederfand. Das war „eigentlich“ gewonnen mit dem Bauern mehr, wenn man wüsste, wie man das gewinnt. Am Ende war es sogar verloren. Elina war die letzte Spielerin, hatte aber wie Marlene wenig Probleme mit der Gegnerin und sammelte lediglich Figuren ein. Ein 2:2 zum Abschluss, obwohl eigentlich mehr geplant war.

Bei der Rückfahrt hat sich die DB ein bisschen am Riemen gerissen.

Zusammenfassung:

Wir wurden am Ende 18 von 19. Das Ergebnis täuscht über die spielerische Leistung hinweg. Im ersten echten Turnier mit langer Bedenkzeit und Notationspflicht war quasi alles neu. Teilweise hatten die Mädels erst seit ein paar Monaten Training und rückten schon bei der Deutschen Meisterschaft an. Dafür schlugen sie sich hervorragend, die Gründe für Niederlagen waren sehr häufig fehlende Erfahrung und die nur geringe Vorbereitung. Beides ist binnen Jahresfrist abstellbar, sodass man sich auf zukünftige erfreuliche Turniere und viele schöne Partien freuen darf.

(Hr. Sill)